COPA-DATA Blog

Virtualisierung: der nächste Schritt in der Entwicklung von Umspannwerken

Geschrieben von Jürgen Resch | Mai 2025

Ein virtuelles Umspannwerk stellt die nächste Evolutionsstufe digitaler Umspannwerke dar, in denen alle Schutz-, Automatisierungs- und Steuerungsfunktionen (Protection, Automation and Control - PAC) in einer Softwareumgebung ausgeführt werden. Traditionelle intelligente elektronische Geräte (Intelligent Electronic Devices - IEDs) werden durch virtualisierte Gegenstücke ersetzt, die auf zentralen Servern laufen. Schlüsselfunktionen wie Cybersicherheit, Switches und Firewalls werden zentralisiert und dynamisch über Softwareplattformen verwaltet. Virtuelle Umspannwerke ermöglichen es Versorgungsunternehmen, Hardware zu konsolidieren, die betriebliche Flexibilität zu erhöhen und Kosten zu senken.

Die Virtualisierung entkoppelt Softwareanwendungen von der zugrunde liegenden Hardware durch virtuelle Maschinen (VMs), die von einem Hypervisor verwaltet werden. Ein einziger Server kann mehrere VMs beherbergen, die jeweils für bestimmte Funktionen zuständig sind. Dieser Ansatz reduziert nicht nur den physischen Hardwarebedarf, sondern vereinfacht auch Wartung und Upgrades und macht Umspannwerke flexibler und widerstandsfähiger.

Treiber für die Virtualisierung

Der Vorstoß in Richtung Virtualisierung wird von mehreren Faktoren angetrieben. Mit der Integration von dezentralen Energieressourcen (Distributed Energy Resources - DERs) wie Solar- und Windenergie in herkömmliche Netze steigt die Komplexität. Diese intermittierenden Ressourcen stellen eine zusätzliche Belastung für die Netze dar und erfordern daher fortschrittliche Steuerungs- und Schutzlösungen, und virtuelle Umspannwerke bieten die Flexibilität und Skalierbarkeit, um sich an diese neuen Anforderungen anzupassen.

Darüber hinaus sorgt die Virtualisierung für Kosteneffizienz, indem sie die Ausgaben durch Hardware-Konsolidierung reduziert und die Betriebskosten durch Rationalisierung der Wartungsprozesse senkt. Die Erfüllung von Nachhaltigkeitszielen ist ein weiterer Faktor, da ein intelligenteres Energiemanagement und eine geringere Abhängigkeit von ressourcenintensiver physischer Infrastruktur zu diesen Zielen beitragen. Standards wie IEC 61850 bieten auch die für virtualisierte PAC-Systeme erforderliche Interoperabilität und Integration, was den Wechsel zur Virtualisierung weiter fördert.

Virtualisierte PAC-Systeme bieten erhebliche Vorteile. Indem sie mehrere IEDs durch softwaredefinierte Lösungen ersetzen, können Versorgungsunternehmen ihre Abhängigkeit von herstellerspezifischer Hardware verringern. Wie bereits erwähnt, sind diese Systeme auch hochgradig skalierbar und flexibel und ermöglichen eine einfache Anpassung an sich ändernde Netzanforderungen. Ein weiterer Vorteil ist die erhöhte Ausfallsicherheit, da virtualisierte Umgebungen Failover-Mechanismen unterstützen und die Zuverlässigkeit des Gesamtsystems verbessern. Die zentralisierte Datenerfassung in virtuellen Umspannwerken erleichtert die Entscheidungsfindung in Bereichen wie Netzqualitätsmanagement, Fehlererkennung und Energieoptimierung.

Herausforderungen bei der Virtualisierung

Während die Virtualisierung zahlreiche Vorteile bietet, bringt sie auch deutliche Herausforderungen mit sich, insbesondere hinsichtlich der Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit. In einem physischen Umspannwerk mit IEDs wirkt sich der Ausfall eines einzelnen Geräts normalerweise nur auf einen kleinen Teil des Systems aus, da jedes IED unabhängig arbeitet. Im Gegensatz dazu stützt sich ein virtuelles Umspannwerk auf eine geringere Anzahl redundanter Hardwarekomponenten - oft nur zwei Server. Dies lässt es aus rein hardwarebezogener Sicht weniger robust erscheinen. Die funktionalen Komponenten eines virtuellen Umspannwerks können jedoch auf virtuelle Maschinen (VMs) und Container verteilt werden, wobei jede die Funktionalität einer physischen IED repräsentiert. Mit diesem Ansatz lässt sich ein Niveau an Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit erreichen, das mit dem einer physischen Unterstation vergleichbar ist, wenn sie mit geeigneten Redundanz- und Fehlertoleranzmechanismen ausgestattet ist. Der Übergang zu diesem Modell erfordert ein Umdenken - vom Denken in Hardwarekomponenten hin zu virtualisierten Ressourcen wie VMs und Containern.

Der IEC 61850-Standard ist der Schlüssel für die Virtualisierung von PAC-Systemen. Durch die Definition von Protokollen für die Kommunikation und den Datenaustausch gewährleistet IEC 61850 die Interoperabilität zwischen Geräten und Systemen verschiedener Hersteller. Die Unterstützung von Sampled Values (SV) und Generic Object-Oriented Substation Event (GOOSE) Messaging ist besonders wichtig für die Echtzeit-Datenkommunikation in virtuellen Umspannwerken.

Die Zukunft der Automatisierung von Umspannwerken

Moderne Software-Plattformen können die Entwicklung von virtualisierten Abläufen unterstützen, und die zenon Energy Edition von COPA-DATA ist ein effektives Automatisierungswerkzeug für die Virtualisierung von Umspannwerken. Mit umfassender Unterstützung von IEC 61850 und fortschrittlichen Funktionen wie nahtloser Redundanz, automatisiertem Engineering und rollenbasierter Zugriffskontrolle vereinfacht zenon den Übergang zu softwaredefinierten Umspannwerken. Die herstellerunabhängige Architektur von zenon unterstützt verschiedene Protokolle und Hardware und ermöglicht so eine flexible Integration in eine Vielzahl von Systemen. Vorkonfigurierte Vorlagen und objektorientiertes Design vereinfachen die Projektkomplexität und reduzieren Fehler, während Echtzeit-Visualisierung und -Steuerung das Situationsbewusstsein verbessern. Darüber hinaus erleichtert zenon den Einsatz von PAC-Funktionen in virtuellen Umgebungen und gewährleistet einen zuverlässigen und sicheren Betrieb.

Während sich Versorgungsunternehmen auf den großflächigen Einsatz virtueller Umspannwerke im nächsten Jahrzehnt vorbereiten, liegt der Schwerpunkt auf der Validierung der Technologie, der Sicherstellung der Konformität und der Anpassung der Betriebsverfahren. Die Virtualisierung bietet die Möglichkeit, Umspannwerke zu modernisieren, Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und ein widerstandsfähiges, zukunftssicheres Netz aufzubauen. COPA-DATAs zenon kann die Energiebranche in diesem Prozess unterstützen und die Lücke zwischen traditionellen Systemen und der nächsten Generation softwaredefinierter Umspannwerke schließen.

Lesen Sie auch unseren englischen Originaltext Virtualization: The next step in substation evolution.