Wie NIS2 die Cybersicherheit für Industrie- und Energiesysteme neu definiert
Im September 2025 unterbrach ein Ransomware-Angriff auf Collins Aerospace die Check-in- und Boarding-Systeme an großen europäischen Flughäfen und beeinträchtigte Heathrow, Brüssel und Berlin erheblich. Die Angreifer haben nie die Kern-IT des Flughafens kompromittiert – das war auch nicht nötig. Ein einziger kompromittierter Lieferant reichte aus, um einen kritischen Dienst lahmzulegen.
Vorfälle wie der Cyberangriff auf Collins Aerospace sollten eine Warnung für die kritischen Infrastrukturen in Europa sein. Sie zeigen, wie anfällig das digitale Rückgrat von Verkehr, Energie und Produktion sein kann, wenn die Cybersicherheit auf der organisatorischen Ebene stehen bleibt.
Um diesen Risiken zu begegnen, verlangt die neue Richtlinie der Europäischen Union (EU) über Netz- und Informationssysteme (NIS2), dass die Cybersicherheit über Firewalls und Passwörter hinausgeht. Die Richtlinie verlangt zusätzliche Transparenz, Verantwortlichkeit und Widerstandsfähigkeit - nicht nur innerhalb der einzelnen Systeme einer Organisation, sondern in ihrem gesamten Ökosystem.
NIS2 markiert einen Wendepunkt für Industrie- und Energieunternehmen. Die Cybersicherheit ist nicht mehr nur ein Kästchen zum Ankreuzen, sondern kann über das Überleben eines Unternehmens entscheiden.
Die Ausgangslage
Die Richtlinie (EU) 2022/2555, kurz NIS2, ist die bisher ehrgeizigste Gesetzgebung der EU im Bereich der Cybersicherheit. Sie zielt darauf ab, ein hohes gemeinsames Niveau der Cybersicherheit in der gesamten EU zu schaffen und den Schutz auf eine breitere Palette von Sektoren wie Energie, Verkehr, Gesundheitswesen und digitale Infrastruktur auszuweiten. Die Richtlinie verlangt Frühwarnungen und eine strikte Berichterstattung über bedeutende Vorfälle innerhalb von 24 Stunden.
Die Unternehmen müssen daher Risikomanagementmaßnahmen ergreifen, die Zugangskontrollen, Verschlüsselung, eine Zero-Trust-Architektur und die Planung der Geschäftskontinuität umfassen. Was die NIS2 auszeichnet, ist ihre Reichweite - die Richtlinie macht nicht am Netzwerkrand halt. Auch Lieferketten, Cloud-Dienste und Softwareanbieter werden nun in den Sicherheitsbereich einbezogen. Für viele Akteure in der Industrie bedeutet dies einen radikalen Wechsel von der Einhaltung der Vorschriften hin zu kontinuierlicher Wachsamkeit.
Was NIS2 wirklich ändert
Die erste Richtlinie zur Netz- und Informationssicherheit wurde 2016 verabschiedet und bildete die Grundlage für die neue, strengere Richtlinie.
NIS2 schließt Lücken, die durch jahrelange fragmentierte nationale Vorschriften und zunehmende grenzüberschreitende Bedrohungen entstanden sind. Die neue Richtlinie zwingt die Betreiber wesentlicher und wichtiger Einrichtungen, die Cybersicherheit auf allen Ebenen ihrer Tätigkeit zu berücksichtigen, von der Politik über die Beschaffung bis hin zu den täglichen Prozessen.
Organisationen, die unter die NIS2 fallen, müssen nun dokumentierte Risikomanagement-Rahmenwerke implementieren, Vorfälle innerhalb eines engen Zeitrahmens melden und nachweisen, dass technische und organisatorische Maßnahmen zur Verhinderung von Störungen vorhanden sind. Dazu gehören kontinuierliche Überwachung, Identitäts- und Zugriffsmanagement und Geschäftskontinuitätsplanung wie Backup-Management und Disaster Recovery.
Die Strafen für ein Versagen sind hoch. Die Nichteinhaltung der Vorschriften kann für wichtige Unternehmen (kritische Sektoren wie Energie, digitale Infrastruktur, Banken und Verkehr) Geldstrafen von bis zu zwei Prozent des weltweiten Jahresumsatzes bedeuten. Darüber hinaus können die Folgen einer Strafe über das Finanzielle hinausgehen und die Glaubwürdigkeit einer Organisation ernsthaft beeinträchtigen.
Schutz der wesentlichen Unternehmen
Industrie- und Energieunternehmen bilden das Rückgrat der kritischen Infrastruktur in Europa, und ihre Gefährdung durch Cyberangriffe nimmt zu. Für diese Unternehmen gelten im Rahmen der NIS2 verschärfte Verpflichtungen. Produktionslinien, Stromnetze und Kontrollräume, die früher vom Internet isoliert waren, sind heute von Cloud-Systemen, intelligenten Sensoren und Echtzeit-Datenaustausch abhängig. Jede neue Verbindung vergrößert die potenzielle Angriffsfläche.
Gleichzeitig hat die Konvergenz von IT- und OT-Systemen neue Schwachstellen in Automatisierungs- und industriellen Steuerungsnetzwerken geschaffen. In den vernetzten Betrieben von heute sind die OT-Systeme nicht mehr die "Inseln", die sie einst waren, und sind anfällig für Angriffe. Die US-Behörde für Cybersicherheit und Infrastruktursicherheit (CISA) weist darauf hin, dass Angriffe auf industrielle Kontrollsysteme (ICS) zunehmend Fernzugriff, schwache Segmentierung und ungepatchte Geräte ausnutzen.
Mit NIS2 ist Cybersicherheit nicht mehr nur ein IT-Problem, sondern eine Frage der allgemeinen Betriebskontrolle. Der Schutz der Betriebszeit hängt jetzt davon ab, dass die digitalen Risiken ebenso gründlich gemanagt werden wie die physische Sicherheit. Netzstabilität, Lastmanagement und sogar die Kontinuität der Versorgung hängen von der Sicherheit der miteinander verbundenen Systeme ab.
Das schwächste Glied
Der Ransomware-Angriff auf Collins Aerospace hat gezeigt, dass Dritte selbst in den bestgeschützten Systemen ein schwaches Glied sein können. NIS2 zielt direkt auf diese Schwachstelle ab. Sie macht Unternehmen nicht nur für ihre eigenen Schutzmaßnahmen verantwortlich, sondern auch für die Cybersicherheitsmaßnahmen ihrer Zulieferer, Auftragnehmer und Dienstleistungsanbieter.
Nach Angaben der Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit (ENISA) ist das Risiko von Drittanbietern heute einer der am schnellsten wachsenden Angriffsvektoren für kritische Infrastrukturen. Kompromittierte Software-Updates, unsichere Cloud-Konfigurationen und nicht überwachte Anbieter können zu Einfallstoren für Störungen werden.
Im Rahmen von NIS2 müssen Unternehmen ihre Lieferkette als Teil ihres Betriebsnetzes behandeln. Das bedeutet, dass sie die Risikoexposition ihrer Partner bewerten, vertragliche Cybersicherheitsklauseln durchsetzen und die Überwachung in zentrale SIEM- (Security Information and Event Management) und S OC-Systeme (Security Operations Centre) integrieren müssen. Die Widerstandsfähigkeit hängt jetzt von der Transparenz jeder digitalen Verbindung ab.
Von der Regulierung zur Bereitschaft mit intelligenter Software
Um die NIS2-Vorschriften zu erfüllen, muss die Sicherheit in den Kern der industriellen Abläufe integriert werden. Die Wahl von intelligenten Softwareplattformen, die mit Blick auf die Sicherheit entwickelt wurden, wie zenon von COPA-DATA, ist ein entscheidender Schritt. zenon wurde für Automatisierungs- und Energieumgebungen entwickelt und unterstützt bereits von Haus aus viele der technischen und organisatorischen Anforderungen der Richtlinie.
Der Security-by-Design-Ansatz von zenon stärkt die Zugriffskontrolle und die Integrität der Kommunikation durch rollenbasierte Benutzerverwaltung, Verschlüsselung und Zertifikatsverwaltung. Es bietet eine zentrale Überwachung, die eine kontinuierliche Sichtbarkeit über mehrere verteilte Standorte hinweg ermöglicht, während Alarmmanagement und Ereignisprotokollierung Anomalien frühzeitig erkennen und Sicherheitsereignisse in bestehende SIEM/SOC-Systeme einspeisen können.
Geschäftskontinuität und Ausfallsicherheit sind ebenso wichtig. zenons Redundanz- und Disaster-Recovery-Funktionen stellen die Verfügbarkeit bei Zwischenfällen sicher und unterstützen die unter NIS2 geforderten Kontinuitätspläne. Automatisiertes Reporting schließt den Kreis - es liefert transparente Aufzeichnungen für Audits und regulatorische Benachrichtigungen ohne manuelle Eingriffe.
Um die Compliance weiter zu stärken, ist der Entwicklungsprozess von COPA-DATA für zenon nach IEC 62443-4-1 zertifiziert. Damit wird sichergestellt, dass die Erwartungen der NIS2 an dokumentierte und kontinuierlich verbesserte Sicherheitspraktiken erfüllt werden.
Darüber hinaus bietet COPA-DATA strukturierte Upgrade-Pfade und Service Level Agreements (SLAs), die die Systeme auf dem neuesten Stand halten und vollständig wartbar sind. Diese Vereinbarungen liefern die von Auditoren geforderte überprüfbare Dokumentation und helfen Unternehmen, die Konformität ihrer Softwareumgebung mit den sich weiterentwickelnden NIS2-Verpflichtungen nachzuweisen. zenon bietet zudem Vorwärts- und Rückwärtskompatibilität - das vereinfacht die Installation neuer Versionen und damit die konsistente Anwendung sicherheitsrelevanter Updates.
Insbesondere das integrierte Backup-Handling unterstützt das NIS2-Mandat für definierte Backup- und Recovery-Prozesse: zenon-Projekte können jederzeit gesichert und wiederhergestellt werden. Das Ergebnis ist ein praktischer Rahmen für betriebliche Sicherheit, bei dem Cybersecurity in die tägliche Intelligenz des Systems integriert wird.
Die Zukunft der Sicherheit
NIS2 legt die Messlatte für die kritischen Infrastrukturen Europas höher - und die Auswirkungen der Richtlinie sind langfristig. Für die Betreiber von Industrie- und Energieversorgungsunternehmen ist die Cybersicherheit ein Teil der operativen Exzellenz. Die Herausforderung ist nun sowohl kultureller als auch technischer Natur. Da sich die globale Landschaft verändert, muss die Sicherheit zu einem sich ständig weiterentwickelnden Prozess werden, der in Design, Wartung und strategische Entscheidungen in der Lieferkette eingebettet ist.
Glücklicherweise können diejenigen, die frühzeitig handeln, Compliance in Wettbewerbsstärke umwandeln, indem sie Automatisierung und Echtzeitdaten nutzen, um Widerstandsfähigkeit messbar zu machen und potenziellen Bedrohungen voraus zu sein. Plattformen wie zenon zeigen, dass der Wandel bereits im Gange ist und dass Cybersicherheit nicht nur ein Kästchen zum Ankreuzen ist. Es ist ein System, das vorausschauend denkt, in einer Zeit, in der Voraussicht die wertvollste aller Sicherheitskontrollen sein kann.